Umerziehungslager in Xinjiang

Umerziehungslager in Xinjiang
 
 
Chinesisch:
Uigurisch:
再教育营
قايتا تەربىيەلەش لاگېرلىرى
Organisationsart Internierungslager, Umerziehungslager,
Arbeitslager
Einwohnerzahl min. 1 Million Menschen jährlich
(geschätzt)[1][2]
Gründung 2014
 

Die Umerziehungslager in Xinjiang (chinesisch 再教育营, Pinyin Zàijiàoyùyíng, amtlich 职业技能教育培训中心, Zhíyè Jìnéng Jiàoyù Péixùn Zhōngxīn – „Zentrum zur beruflichen Qualifizierung und Ausbildung“, uigurisch قايتا تەربىيەلەش لاگېرلىرى Qayta terbiyelesh lagérliri) sind von der Volksrepublik China (VR China) organisierte, insbesondere auf die uigurische und andere in Xinjiang lebende muslimische Minderheiten ausgerichtete Internierungseinrichtungen in der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang.[3][4]

Mahnwache gegen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang (in Bern, Schweiz, 2020)

Das System bzw. Programm zur Assimilation wurde im Anschluss an entsprechende öffentliche Verkündungen durch den Generalsekretär und „Überragenden FührerXi Jinping auf Geheiß von Parteisekretär Chen Quanguo im Jahr 2014 begonnen.[5][6][7] Offiziell halten die örtlichen Behörden verdächtige Uiguren und andere ethnische Minderheiten in diesen Einrichtungen fest, um „religiöser Radikalisierung“ und „Extremismus“ entgegenzuwirken.[8][9][10][11][12] Die Umerziehung ist neben dem Arbeitskräfte-Transferprogramm (einem Programm zur Zwangsarbeit[13]) eines von zwei staatlichen Programmen zur Unterdrückung der Bevölkerung in Xinjiang.[14]

Es wird geschätzt, dass die chinesischen Behörden ab dem Jahr 2018 Tausende bis Millionen von Uiguren, Kasachen, Kirgisen, Hui-Chinesen und Muslime anderer Ethnien sowie Christen,[15] darunter auch einige ausländische Staatsbürger, festgenommen haben und diese in der gesamten Region teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen in zahlreichen Lagern willkürlich interniert sind.[16][17][18][19] Laut ehemaligen Gefangenen sind die Teilnehmer in den Umerziehungslagern psychischem, teils auch körperlichem Missbrauch und Folter ausgesetzt.[20][21][22][23][24] Es gab auch mehrere Berichte von Medien, Politikern und Forschern, in denen die Lager mit der Kulturrevolution unter Mao Zedong verglichen wurden, welche sich dieses Mal ausschließlich gegen ethnische und religiöse Minderheiten richtet.[25][26][27][28][29][30][31]

Im November 2019 wurden im Rahmen der China Cables Regierungsdokumente veröffentlicht, die das systematische Ausmaß des Unterdrückungs- und Internierungssystems belegen. Den internen Dokumenten zufolge wurden und werden die meisten Insassen ohne Gerichtsverfahren zur Umerziehung in den Einrichtungen ca. ein Jahr festgehalten.[32] Dort sollen sie ihrer Religion abschwören und stattdessen die Ideologie der Kommunistischen Partei Chinas übernehmen sowie eine berufliche Ausbildung erhalten.[32]

Unterdessen versucht die Volksrepublik ein positives Bild von den „Bildungseinrichtungen“ zu vermitteln und gewährte der BBC Zugang zu einer Einrichtung, über deren Besichtigung diese im Juni 2019 berichtete.[33]

Der deutsche Anthropologe Adrian Zenz spricht von Zwangsassimilation oder einem „kulturellen Genozid[34] und einer „systematische[n] Internierung einer ganzen ethno-religiösen Minderheit“.[35] 2018 veröffentlichte Zenz einen Bericht, demzufolge eine Million Muslime in Umerziehungslagern interniert seien und der im August selbigen Jahres von dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen zitiert wurde.[36][37] Dabei würden Erwachsene und Kinder systematisch voneinander getrennt; letztere wüchsen somit getrennt von ihren Eltern in Internaten auf.[38][39][40][41] Auch nach der Entlassung aus den Internierungslagern seien ehemalige Insassen weiter der Bespitzelung und elektronischen Überwachung durch die VR China ausgesetzt.[42]

Ende Juni 2020 wurde erstmals über systematische Sterilisierungen und Schwangerschaftsabbrüche an Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten in den Lagern berichtet.[43]

Am 31. August 2022 veröffentlichte die UN-Menschenrechtskommission dazu einen 48 Seiten umfassenden Bericht. Darin wird „in bemerkenswerter Klarheit“ über die bekanntgewordenen „glaubwürdigen“ Tatsachen geurteilt. Die Autoren werfen der chinesischen Regierung „schwere Menschenrechtsverletzungen“ und „insbesondere Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ vor.[44][45]

  1. Adrian Zenz: Brainwashing, Police Guards and Coercive Internment: Evidence from Chinese Government Documents about the Nature and Extent of Xinjiang’s “Vocational Training Internment Camps”. In: jpolrisk.com. Band 7, Nr. 7, Juli 2019 (online). (Online veröffentlicht als: Brainwashing, Police Guards and Coercive Internment: Evidence from Chinese Government Documents about the Nature and Extent of Xinjiang’s “Vocational Training Internment Camps”. In: jpolrisk.com. 1. Juli 2019, abgerufen am 22. Mai 2020.)
  2. Spiegel Online: China-Experte über Lager für Uiguren: „Dieses System kommt einem kulturellen Genozid gleich“. Abgerufen am 26. November 2019.
  3. Josie Ensor: Saudi crown prince defends China’s right to put Uighur Muslims in concentration camps In: The Daily Telegraph, 22. Februar 2019  Vorlage:Cite news: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  4. Full Text: Vocational Education and Training in Xinjiang. In: Xinhua. 16. August 2019, archiviert vom Original am 2. Dezember 2019; abgerufen am 17. September 2019. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  5. Austin Ramzy, Chris Buckley: ‘Absolutely No Mercy’: Leaked Files Expose How China Organized Mass Detentions of Muslims In: The New York Times, 16. November 2019 (englisch). 
  6. A Summer Vacation in China’s Muslim Gulag In: Foreign Policy, 28. Februar 2018  Vorlage:Cite news: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  7. Kate O’Keeffe, Katy Stech Ferek: Stop Calling China’s Xi Jinping ‘President,’ U.S. Panel Says In: The Wall Street Journal, 14. November 2019  Vorlage:Cite news: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  8. China detains thousands of Muslims in re-education camps. In: ucanews.com. Abgerufen am 13. September 2017. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  9. High Numbers of Uyghurs Targeted for Re-Education Camps. Voice of America, abgerufen am 10. Oktober 2017. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  10. Clarke Michael: Xinjiang’s “transformation through education” camps. In: The Interpreter. Lowy Institute, 25. Mai 2018, archiviert vom Original am 3. Dezember 2019; abgerufen am 25. Mai 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lowyinstitute.org Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  11. Why are Muslim Uyghurs being sent to ‘re-education’ camps. Al Jazeera, 8. Juni 2018, archiviert vom Original am 2. April 2019; abgerufen am 11. Juni 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/stream.aljazeera.com Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  12. Rian Thum, Rachel Harris, James Leibold, Jessica Batke, Kevin Carrico, Sean R. Roberts: How Should the World Respond to Intensifying Repression in Xinjiang? In: ChinaFile. Center on U.S.-China Relations at Asia Society, 4. Juni 2018, abgerufen am 4. Juni 2018. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  13. China schickt Uiguren offenbar zur Zwangsarbeit durchs Land. In: Der Spiegel. Abgerufen am 2. Januar 2021.
  14. Georg Fahrion: China beutet Uiguren aus – als Zwangsarbeiter in Xinjiang. In: Der Spiegel. Abgerufen am 5. Februar 2021.
  15. 100 Christians sent to ‘re-education’ camps in Xinjiang. In: Business Insider. Abgerufen am 15. Mai 2018. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  16. Rights groups criticise sharp rise in arrests in China’s Xinjiang province. In: The Irish Times. Abgerufen am 26. Juli 2018. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  17. Thousands of Uyghur Muslims detained in Chinese ‘political education’ camps. CNN, abgerufen am 3. Februar 2018. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  18. Rian Thum: What Really Happens in China’s ‘Re-education’ Camps In: The New York Times, 15. Mai 2018  Vorlage:Cite news: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  19. China Operates Political and Ideological Re-Education Camps in Xinjiang. In: unpo.org. Abgerufen am 14. September 2017. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  20. Arrests skyrocketed in China’s Muslim far west in 2017 In: France24, 25. Juni 2018. Abgerufen am 15. September 2019  Vorlage:Cite news: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  21. ‘Permanent cure’: Inside the re-education camps China is using to brainwash Muslims. In: Business Insider. Abgerufen am 17. Mai 2018. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  22. China: Big Data Fuels Crackdown in Minority Region. Human Rights Watch, abgerufen am 26. Februar 2018. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
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  25. Republik: Wie China ein ganzes Volk umerziehen will. Abgerufen am 11. Juli 2020.
  26. Rémi Castets: Bleierne Zeit in Xinjiang. Abgerufen am 11. Juli 2020.
  27. Karen Leigh: The Uighurs. In: Bloomberg. 4. Dezember 2019, abgerufen am 30. Dezember 2019. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  28. Gerry Shih: China’s mass indoctrination camps evoke Cultural Revolution. In: AP News. 18. Mai 2018, abgerufen am 30. Dezember 2019. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  29. Helga Trüpel: China ist kein strategischer Partner. In: Weser-Kurier. 2. Dezember 2019, abgerufen am 14. Januar 2020.
  30. Rachel Harris: Repression and Quiet Resistance in Xinjiang. In: Current History. Oktober 2019;. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  31. Adrian Zenz: Opinion | You Can’t Force People to Assimilate. So Why Is China at It Again? In: The New York Times, 16. Juli 2019. Abgerufen im 14 January 2020  Vorlage:Cite news: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  32. a b “China Cables”: Datenleak beweist chinesische Internierungslager. In: Spiegel Online. 24. November 2019 (spiegel.de [abgerufen am 25. November 2019]).
  33. John Sudworth: Searching for truth in China’s ‘re-education’ camps. 21. Juni 2019 (bbc.com [abgerufen am 19. November 2019]).
  34. Bernhard Zand: Chinese Oppression of the Uighurs Like ‘Cultural Genocide’. In: Der Spiegel. 28. November 2019, abgerufen am 14. Januar 2020.
  35. „Es handelt sich um kulturellen Genozid“. tagesschau.de, 24. November 2019; abgerufen am 25. November 2019.
  36. China Uighurs: One million held in political camps, UN told. BBC, abgerufen am 10. August 2018. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  37. U.N. says it has credible reports that China holds million Uighurs in secret camps. Abgerufen am 10. August 2018. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  38. Patrick Zoll: Xinjiang: China trennt Kinder von ihren Eltern. In: Neue Zürcher Zeitung. (nzz.ch [abgerufen am 19. November 2019]).
  39. Xinjiang: Chinas Regierung trennt offenbar systematisch muslimische Familien. In: Spiegel Online. 5. Juli 2019 (spiegel.de [abgerufen am 19. November 2019]).
  40. Zeit Online: Xinjiang: China bezeichnet Internierungslager als wegweisend. In: Die Zeit. 30. Juli 2019, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 19. November 2019]).
  41. Was der Leak für Xi Jinping bedeutet. Abgerufen am 19. November 2019.
  42. tagesschau.de: Muslime in China: Eingesperrt wegen Bart und Kopftuch. Abgerufen am 6. Oktober 2020.
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  44. Xinjiang-Bericht der Menschenrechtskommissarin, Süddeutsche Zeitung vom 1. September 2022
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